Definition
Lungensport ist eine wichtige evidenzbasierte Therapieoption, die die medikamentöse Therapie bei Patienten mit chronisch obstruktiven Atemwegs- und Lungenkrankheiten sinnvoll ergänzt. Wichtige Krankheitsbilder sind:
- Asthma bronchiale
- COPD
- Interstitielle Lungenkrankheiten
- Mukoviszidose
- Pulmonale Hypertonie
Die Teilnahme am Lungensport hängt vom Schweregrad der funktionellen Beeinträchtigung der primären Atemwegserkrankung sowie etwaiger Begleiterkrankungen - insbesondere des Herz-Kreislauf-Systems ab. Eine fachärztliche Untersuchung und Beurteilung ist deshalb im Vorfeld notwendig.
Sind die gesundheitlichen Voraussetzungen entsprechend festgelegter Ein- und Ausschlusskriterien gegeben, so kann die Teilnahme am Lungensport unter Verwendung des Formulars 56 „Antrag auf Kostenübernahme für Rehabilitationssport“ durch den behandelnden Arzt verordnet werden.
Ziele
Die kontinuierliche Ausübung von Lungensport - mit qualifizierten Fachübungsleitern - ermöglicht die Aufrechterhalteung der im Rahmen der zeitlich befristeten stationären und ambulanten rehabilitativen eingeleiteten Trainingstherapie erreichten Effekte und verfolgt neben dem Gruppenerlebnis und dem Spaß an der Bewegung folgende Ziele:
- Verbesserung von Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination
- Verminderung der Atemnot und Exacerbationen (Verschlechterungen), Stabilisierung der Erkrankung
- Erhöhung der Leistungsfähigkeit
- Verbesserung der Alltagsbewältigung
- Stärkung des Vertrauens in die eigene Leistungsfähigkeit und des Selbstbewusstseins
- Stärkere soziale Einbindung durch gemeinsame Aktivitäten
- Verbesserung der Lebensqualität
- Verringerung von erneuten Krankenhausaufenthalten
Aufbau einer Übungseinheit
Der Aufbau und Ablauf einer Übungseinheit im Lungensport richtet sich nach einer festgelegten klar definierten Struktur. Innerhalb der Übungseinheit werden Trainingsmaßnahmen variiert und gezielt an die Krankheitssituation der einzelnen Teilnehmer angepasst.
Trainiert und vermittelt werden dabei:
- Kraft
- Ausdauer
- Koordination und Bewegungsabläufe
- Dehnungsfähigkeit des Brustkorbes
- Atem- und Entspannungstechniken
Mit gezielten und an die Krankheitssituation jedes einzelnen Teilnehmers angepassten Trainingsmaßnahmen des Lungensportes wird sowohl die Leistungsfähigkeit als auch die Lebensqualität verbessert.
Tabelle: Struktur- und Zeitaufbau eine Übungsstunde
Modifiziert nach Worth H, Meyer A et al, Pneumologie 2000; 54:61-67
Einleitungsphase
Die Einleitungsphase bietet die Möglichkeit, im Gruppengespräch die inhaltliche Schwerpunktsetzung und Ziele der Übungsstunde zu erläutern oder zu erklären, Fragen zu Schulungsinhalten aufzugreifen, die Selbsteinschätzung des subjektiven Befindens der Teilnehmer zu erfragen und anamnestische und therapeutische Aspekte abzuklären.
Zu Anfang und ggf. im Verlauf der Übungsstunde sollte der Peak-Flow gemessen werden.
Vorbereitungsphase (Aufwärmphase)
Ziel der Aufwärmphase ist es, die Körpermuskulatur, den Bewegungsapparat und das Kreislaufsystem auf die körperlichen Anforderungen der Hauptphase vorzubereiten. Bei Asthmakranken ist das Aufwärmen und Anpassung der Atmung an Belastung zur Vermeidung eines belastungsinduzierten Asthmaanfalls notwendig.
Hauptphase
In der Hauptphase sollten die Teilnehmer gut „gemonitort“ werden und auf individuell angemessene Erholungsphasen (z.B. mit Dehnübungen, Gymnastik) geachtet werden. Voraussetzungen sind das sichere Beherrschen des Notfallmanagements und eine entsprechende Körperwahrnehmung (Symptome, Belastungsreaktionen des Körpers wie beispielsweise die „Pressatmung) und Selbsthilfetechniken. Je nach Stundenbild variieren die Schwerpunkte der Hauptphase:
Kraft
Ziel des Krafttrainings ist die Verbesserung, die Wiederherstellung und der Erhalt der Kraftfähigkeit, beispielsweise im Rahmen eines atemtherapeutischen Kraftzirkels, bei dem unterschiedliche Muskelgruppen adressiert werden. Die Verwendung von Hanteln und Therabändern bietet sich an. Sinnvoll ist die Ausrichtung der Übungselemente an Aktivitäten des täglichen Lebens. Die Bewegungsausführung wird bei COPD-Patienten vom Atemrhythmus bestimmt.
Ausdauer
Ziel beim Ausdauertraining sind die Verbesserung, die Wiederherstellung und der Erhalt, der Ausdauerleistungsfähigkeit. Ausdauertraining wird über die Intensität, Dauer und Häufigkeit der Belastung charakterisiert. Patienten sollten in der Lage sein, eine Belastung von mindestens sechs Minuten zu tolerieren.
Koordination und Beweglichkeit
Ziel ist es, die Beweglichkeit und die koordinative Leistungsfähigkeit zu steigern. Eingesetzt werden v.a. Dreh- und Dehnlagen, Mobilisierungsübungen sowie spezielle koordinative Bewegungsaufgaben. Eine Kombination aus Atemwahrnehmungsübungen und Elementen der Entspannung haben sich insbesondere beim Beweglichkeitstraining bewährt. Vor allem in Phasen geringer Belastbarkeit und in jahreszeitlichen Übergängen bietet sich das Beweglichkeitstraining an.
Atemtherapie
Die Atemtherapie umfasst vor allem Selbsthilfetechniken bei Atemnotsituationen. Atemerleichternde Körperstellungen wie Kutschersitz, Reitersitz oder Torwartstellung werden vermittelt, unterschiedliche Atemtechniken wie die Lippenbremse, Stenoseatmung und Entspannungstechniken über die Atemwahrnehmung.
Abschlussphase
Die Abschlussphase (cool down) dient im Wesentlichen der Lockerung der Muskulatur, der Beruhigung und der Wiederherstellung der Atmung und des Kreislaufsystems in die Normallage.
Das Stundenende ist gekennzeichnet durch die abschließende Messung des Peakflows und Selbsteinschätzung der Atembelastung, Parameter, die in Hinblick die Steuerung der Trainingsbelastung wichtig sind.
Modifiziert nach: Göhl et al., Pneumologie 2006; 60:716-723